Die 9 Säulen des SDL
- 1: Das Thema
- 2: Die Aufführungen
- 3: Die Begegnungen
- 4: Der Fachdiskurs
- 5: Die Bundesländer
- 6: Die Partnerschaft
- 7: Der Außenblick
- 8: Die Publikationen
- 9: Die Dynamik
Das SDL steht unter einem jährlich wechselnden Fachaspekt, der inhaltliche und/oder formale Impulse bündelt und vertieft. Damit trägt es entscheidend zur Qualifizierung des Theaters / Darstellenden Spiels in der Schule bei. Das Motto bildet den Rahmen für alle Festivalveranstaltungen. Die Aufführungen werden mit Blick auf das Schwerpunktthema von den Landesarbeitsgemeinschaften/Landesverbänden und dem Bundesverband ausgesucht; die Fachtagung beleuchtet das Thema theoretisch und reflektiert die Produktionen praxisorientiert. Die Themenbezogenheit des SDL hat sichtbare Folgen in den Bundesländern hinterlassen: im Vorwege und im Nachhinein in den Fortbildungsangeboten der Länder oder als Rahmen für die Länderfestivals.
16 Theatergruppen – jedes Bundesland entsendet eine Gruppe – präsentieren im Rahmen eines SDL ihre Produktionen. Sie stehen im Mittelpunkt des Treffens und zeigen das formale und inhaltliche Spektrum des Schultheaters. Die Gruppen kommen aus allen Schularten und Schulstufen, von der Primarstufe bis zur Sekundarstufe II, von der Grundschule bis zur Gemeinschaftsschule und zum Gymnasium. Sie repräsentieren unterschiedliche Arbeitskontexte der Schulen von der Theater-AG über Theaterklassen bis hin zum Kurs Theater / Darstellendes Spiel.
Jedes der Festival-Themen vereinigt Aufführungen, die einen wesentlichen oder im- pulsgebenden Beitrag zum Motto liefern. Die Aufführungen sind Anlass für die reflektierende thematische Auseinandersetzung; sie leisten gleichzeitig den Praxis-Transfer des theoretischen Diskurses auf die Schulbühne. Erst die bewusste Wahrnehmung einer Aufführung unter dem thematischen Aspekt lässt ungeahnte Nuancen und Facetten bezüglich der Schwerpunktsetzung erkennen.
Über das Zuschauererlebnis der 16 Aufführungen hinaus bietet das SDL ein vielschichtiges Diskussions- und Praxisforum für alle jungen und erwachsenen Teilnehmer*innen.
Die ausführlichen Stückebesprechungen nach den Aufführungen haben zum Ziel, sich mit der Entwicklung und dem Ergebnis der Produktionen unter thematischen und formalen Fragestellungen auseinanderzusetzen. Diese Nachgespräche sind nicht nur für die Zuschauer*innen, sondern auch für die spielende Gruppe erhellend. Sie bieten die Gelegenheit, das eigene Theaterverständnis auf den Prüfstand zu stellen, auf Seiten der Zuschauer*innen Beobachtungs‑, Reflexions- und Feedbackfähigkeiten zu entwickeln und bei den spielenden Gruppen die Bereitschaft zu Kritik und die Kompetenz, Erarbeitetes zu beschreiben und zu verteidigen, zu schulen. Die Diskussionen werden in einer von Schüler*innen verantworteten Festivalzeitung fortgesetzt.
Die ganztägigen Werkstätten, die ebenfalls auf das Thema bezogen sind, werden von erfahrenen Theaterlehrer*innen, Spielleiter*innen bzw. professionellen Theaterleuten geleitet. Hier lernen die Spieler*innen neue Formen des Theaters kennen. Diese theaterpraktische Fortbildung hat den wichtigen Effekt des gegenseitigen Kennenlernens. Eine theatrale und kommunikative Einbettung erhält das SDL auch durch ein vielgestaltiges Rahmenprogramm in Form einer Eröffnungs- und Abschlussveranstaltung sowie den abendlichen Festen oder Lesungen.
Die in das Festival integrierte Fachtagung bietet Lehrer*innen, Wissenschaftler*innen und Theaterpädagog*innen aus dem ganzen Bundesgebiet ein Forum für Fort- und Weiterbildung. Unter ihnen befindet sich eine große Gruppe von Organisator*innen von Landesfestivals und regionalen Treffen, von Verantwortlichen für Lehrerfortbildung in diesem Bereich, Vorstandsmitgliedern der Landesverbände oder Verfassern von Fachbeiträgen und ‑büchern.
In der Fachtagung wird das Thema vor dem Hintergrund des theoretischen Diskurses in der Wissenschaft, der Festivalergebnisse und der eigenen Schultheaterpraxis der
Beteiligten entfaltet und entwickelt. Das Augenmerk liegt dabei auf allgemeinen Fragestellungen. Diese werden im Hinblick auf Aspekte der Entwicklung von Schultheater und des Unterrichtsfachs Theater / Darstellendes Spiel weiterverarbeitet. Der inhaltliche Schwerpunkt ist damit der entscheidende methodische Impuls für die Qualifizierung der Schultheaterlandschaft.
Der wissenschaftliche Fachinput in Form von Vorträgen erfährt eine Ergänzung durch einen Sachdiskurs im Rahmen von Fachforen. Diese nehmen die Aufführungen als Impuls, Meinungen auszutauschen, Wahrnehmungen zu beschreiben, Einordnungen zu versuchen, Vergleiche zu diskutieren.
Der Anspruch, das Schultheater fachlich weiterzubringen, hat bis heute erkennbare Folgen: Sowohl die Verständigung über Fachprobleme als auch die beabsichtigte Eingliederung des Theaters / Darstellenden Spiels in den Fächerkanon der Schulen haben an Intensität und Qualität gewonnen.
Damit ist das Festival „Schultheater der Länder“ zu einem wesentlichen Baustein in der Fachentwicklung geworden: Es bietet den Theaterlehrer*innen an den Schulen und den Lehrenden an den Universitäten vor allem in den Lehramtsstudiengängen Theater / Darstellendes Spiel eine einzigartige länderübergreifende Vernetzungsmöglichkeit.
Schultheater ist Ländersache – das Schultheater der Länder ist gemeinsame Sache. Ein leitender Gedanke des SDL ist die Beteiligung der Bundesländer auf verschiedenen Ebenen: aus den Ländern in die Länder. Es ist nicht nur konstituierend, dass jedes Bundesland mit einer Gruppe vertreten ist, welche die Impulse des Treffens weiter trägt. Es ist ebenso wichtig, dass die Fachtagungsteilnehmer*innen aus dem ganzen Bundesgebiet anreisen, um Anstöße für die Entwicklung des Faches, inhaltliche Anregungen für die Lehrerfort- und ‑weiterbildung zu erhalten und den Dialog mit den Länderfestivals sicherzustellen.
Als Wandertreffen zeichnet in jedem Jahr ein anderes Bundesland für die Organisation des Treffens verantwortlich und nutzt diese Verantwortung für die stärkere Implementierung des Fachs Theaters und des Schultheaters im Bewusstsein der jeweiligen Landespolitik und Öffentlichkeit. Diese regionale Komponente hat die inhaltliche und formale Bereicherung des SDL zur Folge.
Das SDL baut auf eine starke Partnerschaft: Der BVTS und der Landesverband des gastgebenden Bundeslands organisieren das Treffen kooperativ und nutzen es für die Stärkung des Theaters in der Schule auf den jeweiligen Ebenen. Dabei sind die Mitglieder des BVTS in die inhaltliche Ausrichtung des SDL eingebunden. Durch die kontinuierliche Förderung der Körber-Stiftung sowie der Stiftung Mercator und deren Engagement für Schultheater wurde und wird das Aktionsfeld des SDL erweitert. Diese Partnerschaft setzt auch vielfältige inhaltliche Impulse.
Mit der Inobhutnahme des Schultheaters der Länder durch die Kultusministerkonferenz ist nicht nur die finanzielle Grundversorgung der Gruppen und des Festivals gesichert, sondern auch die Anerkennung als bundesweites Arbeitstreffen. Mit dem Landesverband vor Ort werden in der Region Kräfte aktiviert, die in ihrer Binnen- und Außenwirkung dazu beitragen, dass sich das föderale Prinzip des SDL bewähren und weiterentwickeln kann. Partner hierbei sind neben dem Kultusministerium und der aus- richtenden Kommune Schulen, außerschulische Bildungseinrichtungen und Theater.
Das SDL ist in das Netzwerk der verschiedenen Jugendtheaterfestivals eingebunden, z. B. dem Theatertreffen der Jugend und dem Treffen der Jugendclubs an Theatern. Zwar setzt es sich zum Ziel, vorrangig die fachlichen Bedürfnisse des Schultheaters zu beachten, setzt aber zugleich immer auf die Begegnung und Öffnung nach außen: durch professionelle Gastspiele, durch die Einbindung vieler Professionen in die Fachtagung, durch inhaltliche Schwerpunkte etc.
Die langjährige Form der schriftlichen Dokumentation wurde im Jahr 2001 durch die Fachpublikation „Fokus Schultheater“ abgelöst, die bis 2013 in der edition koerber, ab 2014 im Friedrich-Verlag veröffentlicht wird. Ihre Zielgruppen sind neben Theater-Lehrer*innen auch alle anderen interessierten Theatermenschen. „Fokus Schultheater“ ist eine Mischung theoretischer Impulse, didaktischer Anregungen und direkt für den Unterricht nutzbarer Materialien und Spielvorlagen. Neben wissenschaftlichen Beiträgen zur Didaktik und Praxis werden Analysen sowie didaktisch-methodische Einblicke in beispielhafte Aufführungen zum jeweiligen Thema des Schultheaterfestivals geboten. („Fokus Schultheater“ zu allen SDL-Themen ist zu beziehen über den Friedrich-Verlag und den Theaterbuchversand). Ab 2020 wird der „Fokus Schultheater“ als multimediale Online- Publikation im Institut für digitales Lernen erscheinen.
Das SDL hat vielleicht nie wirklich Krisen durchschritten, dennoch unterliegt das Treffen einer Dynamik, will es den sich verändernden Anforderungen gewachsen sein. Immer wieder neue Gruppen, neue Themen, neue Multiplikator*innen, neue Orte, neue Ideen, neue Herausforderungen der Gesellschaft, neue Erfahrungen, neue Rahmenbedingungen erfordern die Balance zwischen Kontinuität und Flexibilität.
Zur Weiterentwicklung des SDL wurde 2015 eine SDL-Arbeitsgruppe des Bundesverbandes eingerichtet, die die einzelnen Elemente des Festivals auf den Prüfstand stellt und sich Gedanken über eine Qualitätssteigerung sowie über eine Verbesserung des Marketings macht.
Eine Neuerung, die erstmalig auf dem SDL 2017 in Brandenburg greift, betrifft den thematischen Schwerpunkt des Festivals: Bewerben können sich alle Schultheatergruppen mit einer künstlerisch überzeugenden Produktion, unabhängig von der Themensetzung des Festivals. Bevorzugt werden allerdings Gruppen, die sich mit dem thematischen Akzent (wie es jetzt heißt) auseinandergesetzt haben.
Mit dem Ziel, die Qualität der Beiträge zu steigern, ist ebenfalls ab 2017 eine Konzeptbewerbung ein viertel Jahr vor dem Bewerbungsschluss möglich. Die Gruppen, deren Inszenierungskonzept für förderungswürdig erachtet wird, erhalten die Möglichkeit, kostenfreie Unterstützung durch einen Theaterexperten oder Theatercoach zu erfahren.
Auf dem SDL 2018 in Kiel wurde erstmalig eine neue Festivalstruktur mit Parallelaufführungen ausprobiert, die zu einer Entschleunigung des Festivals führte. Dieser Wunsch nach Entschleunigung war von vielen Festivalteilnehmer*innen – Schüler*innen wie Lehrer*innen – immer wieder gestellt worden. Das Fazit nach dem Festival zeigte, dass eine Entschleunigung nach wie vor gewollt ist, aber an geeigneten Organisationstrukturen noch weiter gearbeitet werden muss.